Gruppenfoto AB Theorie

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Foto: Jürgen Scheere (Universität Jena)
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Was versteht man unter "allgemeiner und theoretischer Soziologie"?

Unter Soziologie im Allgemeinen versteht man die Lehre von den sozialen Bedingungen und Folgen menschlichen Handelns sowie von den Ordnungsprinzipien, Veränderungsprozessen und Entwicklungstendenzen gesellschaftlicher Formationen in ihrem Gesamtzusammenhang.

Die Frage nach dem Verhältnis von sozialem Handeln und sozialen "Strukturen" (d.h. überindividuellen Mustern des Zusammenlebens) wird von verschiedenen soziologischen Denkschulen in unterschiedlicher Weise aufgegriffen und beantwortet.
In der soziologischen Theorie geht es daher sowohl um die (Weiter-)Entwicklung von Begriffen und Konzepten, die eine aktualisierte Bestimmung dieses Verhältnisses ermöglichen, als auch um die Systematisierung verschiedener soziologischer Denkschulen, um deren Gemeinsamkeiten und Unterschiede analytisch fruchtbar zu machen.

Vor diesem Hintergrund dienen drei Schlüsselfragen sowohl der Verbesserung unseres Verständnisses von Gesellschaft als auch der Verortung unterschiedlicher theoretischer Ansätze innerhalb der soziologischen Debatte:

  1. Was bestimmt den Zusammenhalt der Gesellschaft bzw. welche Elemente des Sozialen sind für diesen Zusammenhalt wesentlich (Aspekt der "Synthese")?
  2. Wie und wodurch bewegt oder verändert sich die Gesellschaft (Aspekt der "Dynamik")?
  3. (Wie) ist es möglich, die Gesellschaft durch Handeln zu beeinflussen (Aspekt der "Praxis")?

Entsprechend dem soziologischen Berufsverständnis leistet die soziologische Theorie mit der Beantwortung dieser Fragen auch einen Beitrag sowohl zur Erhellung der gesellschaftlichen Praxis als auch zur gesellschaftlichen Reflexion der Soziologie als Ganzes:
Indem sie nach der Synthese sozialer Ordnung fragt, setzt sie sich notwendigerweise auch damit auseinander, was als Ordnung und was als Krise zu betrachten ist.
Der Blick auf die Dynamik bzw. Veränderbarkeit der Gesellschaft bedeutet, dass Theorien die Historizität und damit das "Verfallsdatum" ihrer eigenen Erkenntnisse berücksichtigen müssen.
Schließlich ist soziologische Theorie als Ausdruck des Denkens über die Gesellschaft in der Gesellschaft immer auch mit der Frage nach der Relevanz der eigenen Erkenntnisse für die gesellschaftliche Praxis - einschließlich der gesellschaftlichen Praxis des "Theoretisierens" - konfrontiert.

Konkret ergeben sich aus diesen Fragen eine Reihe von kontroversen Themen und Denkströmungen, die für die zeitgenössische Soziologie prägend sind: Zu den Handlungstheorien werden Theorieansätze gezählt, die stärker die Freiheit und Bedeutung des individuellen Handelns betonen; sie versuchen, die Entstehung sozialer Institutionen aus den Folgen und Nebenfolgen des zusammenfallenden Handelns sozialer Akteure zu erklären.
Struktur- und Systemtheorien gehen den umgekehrten Weg: Für sie folgt die gesellschaftliche Entwicklung ihren eigenen Gesetzen; menschliche Handlungen und Neigungen werden dann aus den gesellschaftlichen Strukturbedingungen und Zwängen abgeleitet. Die meisten zeitgenössischen Ansätze gehen jedoch davon aus, dass die soziale Wirklichkeit aus dem Zusammenspiel von Handlungen und Strukturen entsteht.

Was tun wir in Jena?

Ausgehend von den genannten Merkmalen der allgemeinen und theoretischen Soziologie lassen sich drei Schwerpunkte unterscheiden, die auch die theoretische Soziologie in Jena prägen.

Als allgemeine und theoretische Soziologie beschäftigt sie sich 1) mit den grundlegenden Bedingungen gesellschaftlichen Handelns und gesellschaftlicher Entwicklung.
"Wie sind soziale Ordnungen möglich?" ist die Ausgangsfrage aller soziologischen Theorie. Weil diese Frage erst in der Moderne, die nicht mehr von der unhinterfragbaren Gültigkeit einer gegebenen Ordnung ausgehen kann, zu einem relevanten Problem wird, entsteht soziologische Theorie im engeren Sinne erst mit der Entwicklung der Moderne im späten 19. Sie hat also immer auf die Erfahrung von Modernisierungsprozessen reagiert, die die Vorgeschichte, die Eigengesetzlichkeit und die Widerständigkeit gesellschaftlicher Strukturen gegen jeden individuellen und politischen Willen offenbaren.

Soziologische Theorie ist für uns daher immer die Durchdringung gesamtgesellschaftlicher Formationen und die Analyse ihrer übergreifenden Veränderungen.

Für Studium und Lehre bedeutet "soziologische Theorie" daher 2) zunächst die Analyse "klassischer" gesellschaftstheoretischer Entwürfe von Autoren wie Karl Marx, Emile Durkheim, Max Weber und Georg Simmel, dann aber auch jüngerer Autoren wie Jürgen Habermas, Niklas Luhmann, Michel Foucault und Judith Butler.

Die Interpretation aktueller gesellschaftlicher Entwicklungen und der Vergleich soziologischer "Zeitdiagnosen" verschiedener Autoren ist für uns derzeit auch durch die kritische Identifizierung gesellschaftlicher Fehlentwicklungen gekennzeichnet.

Schon aus diesem Grund gehören zur soziologischen Theorie notwendigerweise auch Empirie und soziologische Forschung . Als forschungsbasierte Theorie versucht sie beispielsweise Antworten auf die Frage zu geben, wie sich die Einstellungen und Neigungen der beteiligten Akteure - der Kultur - in Abhängigkeit von sich verändernden Institutionen und gesellschaftlichen Strukturprozessen wie Rationalisierung, Differenzierung oder Beschleunigung entwickeln und umgekehrt, wie Institutionen und Strukturen durch das Handeln der Akteure beeinflusst werden.
Auf diese Weise werden nicht nur die Ursachen des Wandels - einschließlich möglicher Krisenphänomene - ermittelt, sondern auch die Horizonte praktischer Einflussnahme und die Potenziale für Handeln und gesellschaftliche Transformation aufgezeigt.

Am Fachbereich Allgemeine und Theoretische Soziologie werden kontinuierlich Transformationsprozesse in verschiedenen gesellschaftlichen Praxisfeldern erforscht (z.B. in Bezug auf Naturverhältnisse, Geschlechterverhältnisse und Intimbeziehungen, Eigentumsverhältnisse, technologische Entwicklungen, Beschleunigungsprozesse etc.) Die Ergebnisse werden mit Kolleginnen und Kollegen sowie Studierenden|Studierenden diskutiert und fließen in theoretische Debatten und Lehrveranstaltungen ein - auch in Form der daraus resultierenden Lehrbücher. Die Annahme sich verändernder "Weltverhältnisse" in der Spätmoderne spielt in der Zeitdiagnose eine zentrale Rolle.